Die Wege der Jakobspilger – dem Phänomen auf der Fährte
Warum geht man den Jakobsweg nach Santiago de Compostela?
In der Moderne, in dem die Urlaube in den angenehmsten Facetten möglich sind, wählen Menschen immer mehr das Wandern auf einem sogenannten Jakobswege, wie beispielsweise den berühmten Camino Francés oder dem Camino Primitivo. Weshalb man sich natürlich nun die Frage stellt, warum jemand den Jakobsweg geht und seine Ferienzeit einer Reise opfert, die beschwerlich, schweißtreibend und durchaus auch einsam sein kann?
Die Deutschen auf dem Jakobsweg
Über 25.000 Deutsche waren im Jahr 2019 auf Pilgerreise (Quelle). Deutlich mehr als noch vor 30 Jahren. Die Zahl wäre wohl 2020 auch weiter angestiegen, wenn uns Corona da keinen Strich durch die Rechnung gemacht hätte und dadurch die Anzahl der Wanderungen Richtung Santiago de Compostela stark abgenommen hatte. In einer Studie mit Selbstversuch ist nun nachzulesen, warum Personen Hunderte Kilometer wandern. Die Kirche hat damit recht wenig zu tun. Es ist vielmehr eine Reise zu seinen Wurzeln.
Das „normale“ Leben bietet einem meistens wenig Erfüllung
Pilgern ist eine Form der inneren Einkehr bei sich selbst. Die Wanderung durch die Natur löst den Jakobspilger von seiner angelernten Konditionierung, etwas erreichen zu müssen. Unser ganzes Leben ist auf das Erreichen ausgerichtet, weil man sich in der Moderne viel durch sein „Haben“ profiliert. „Meine Yacht, mein Auto, mein Haus“. Diese Art zu leben ist unserem inneren Wesen jedoch mehr als befremdlich und mit fortgeschrittenem Alter wird es immer anstrengender, gemäß der gängigen Regeln zu funktionieren. Die meisten Menschen wünschen sich Ruhe und Frieden, die sie in dieser reizüberflutenden Welt voller Kommerz nicht finden können.
Darum wählen auch immer mehr Leute diese Form des Urlaubs und kehren den Club Hotels - mit Programm, Veranstaltungen und Animation - den Rücken zu. Die endlose Weite auf der staubtrockenen Via de la Plata erfüllt einen mehr, als der Cocktail an der Bar.
Der Camino Francés, mit seiner abwechslungsreichen Landschaft oder auch der Camino del Norte, mit seinem wunderschönen Panorama entlang des Atlantiks lassen den üblichen Urlaub, wie wir ihn kannten, schnell vergessen.
Die Jakobswege als natürliche Medizin in einer schnelllebigen Zeit
Wenn der innere Druck schier unmenschlich wird und die Sinnlosigkeit des rastlosen Lebens zu offensichtlich zu tage tritt, fragt man sich: worum geht es hier eigentlich? Das Pilgern auf einem staubigen Weg in Nordspanien zum eigentlichen Wesen seiner Selbst beginnt. Es ist nicht wichtig zu fragen, warum geht jemand den Jakobsweg zur Kathedrale nach Santiago de Compostela und wird zum Pilger. Der Betreffende weiß es ganz genau. Der Weg zeigt dir, dass du lebst. Die Strapazen, die Hitze, die Wasserblasen an den Füßen. Du hast Schmerzen und fällst dennoch glücklich in dein Etagenbett, das in einem kleinen Raum steht, den du dir mit mehreren (schnarchenden) Mitstreitern in einer Pilgerherberge teilst.
„Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“
Das wirkliche Leben beginnt im eigenen Inneren eines jeden Individuums. Wenn der Mensch die Fremdbestimmung nicht mehr erträgt und der innere Ruf stark genug ist, dem Hamsterrad wenigstens eine Zeitlang zu entfliehen, zieht es ihn zu den Wurzeln - hinaus in die Natur. Diese fordert nichts, sondern zeigt das harmonische Zusammenleben der Geschöpfe Gottes, wenn man sich darauf einlässt und sich treiben lässt. Er verlässt die menschliche Wohlfühloase mit ihren begrenzenden Denkmustern und taucht in der Stille der Natur ein. Hier werden ihm alle Fragen beantwortet, denen er hinterherjagt. Das Land, die Region, der atemberaubende Moment, wenn beispielsweise im Nirgendwo der La Rioja auf einmal ein Kloster auftaucht oder ein Brunnen in Carrion de los Condes einem zum glücklisten Menschen werden lässt. All das machen die Pilgertouren zu einem einzigartigen Moment und bewegt auch den härtesten Mitstreiter auf seinem Wege.
Zusammengefasst sei festzustellen:
Der Mensch kehrt nach einem Pilgerweg mit einem wachen Geist zurück. So manch ein Wanderer genießt dieses Erlebnis auch gerne gemeinsam mit seinem treuen Vierbeiner auf dem "Wege der Jakobspilger" zum Grab des Heiligen Apostels Jakobus nach Santiago de Compostela.
Finde auch du deinen Pfad. Es muss nicht immer gleich nach Spanien oder Portugal gehen. Auch in Deutschland gibt es zahlreiche wunderschöne Wege. Sei es in Rheinland-Pfalz, Bayern, Baden-Württemberg oder auch im Hohen Norden, wie z.B. die Via Scandinavica. Deutschland ist voll mit diesen historischen Wegen, die einen verändern können und dir den Weg zur Natur aufzeigen.